Unterschiedlich glauben – gemeinsam handeln

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Unterschiedlich glauben – gemeinsam handeln


 

Verteilt anlässlich der Gebetsstunde der Religionen mit dem Thema Friedenserziehung: Der Erziehungsauftrag der Religionen

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Kein Weltfrieden ohne Religionsfrieden: Unterschiedlich glauben – gemeinsam handeln, 10 Thesen von Johannes Lähnemann, PESC Peace Education Standing Commission, RfP

1. Die von Hans Küng formulierten Maximen

- Kein Frieden unter den Nationen ohne Frieden unter den Religionen

- Kein Frieden unter den Religionen ohne Dialog zwischen den Religionen

- Kein Dialog zwischen den Religionen ohne Grundlagenforschung in den Religionen

sind zu ergänzen: Kein Friede, kein Dialog und keine Grundlagenarbeit in den Religionen ohne erzieherische Bemühung! Nur wenn die Heranwachsenden Achtung haben für ihre Mitmenschen, Verantwortung empfinden für alle belebte und unbelebte Kreatur, wenn sie sensibel sind gegen Hass, Gewalt sowie lebens- und gemeinschaftsfeindliche Entwicklungen, sind sie gerüstet für ein Zusammenleben, das unserem Planeten Zukunft eröffnet.

Es geht um:

– das Lernen für eine bewohnbare Erde (angesichts eines drohenden ökologischen Kollapses),

– das Lernen für eine mündige Wahrnehmung der dem einzelnen gemäß den Menschenrechten zukommenden Freiheiten und Verpflichtungen (angesichts der drohenden Entmündigung durch technokratische Systeme, durch simplifizierende Ideologien, durch Verarmung und wirtschaftlich politische Versklavungen/Kriminalisierungen),

– das Lernen für eine sinn-volle Lebensgestaltung (angesichts drohender ‘Gleichschaltungen’ in Medienkultur und Wohlstandsideologie und ‘seelischer Umweltverschmutzung’),

– das Lernen für ein solidarisches Zusammenleben in Familien, Gemeinden, regionalen und internationalen Horizonten (angesichts der Gefahren sich auflösender Familienstrukturen, des Fehlens eines elementaren ethischen Wertebewusstseins und des Neuauflebens nationaler Fanatismen und Partikularismen).

2. Erzieherische Bemühung im Sinne des Weltethos lebt davon, dass es Religionen und Weltanschauungen als “verantwortete Sinnsysteme” gibt, die in der Lage sind, ihre Wertetraditionen in die gegenwärtige pluralistische Wirklichkeit hinein zu vermitteln. Sie bedürfen nicht der Vereinheitlichung, sondern der Spezifizierung, um aus ihrer jeweiligen Tradition – mit ihrer Spiritualität, ihren Erkenntnisgrundlagen, ihrer sozialen und ethischen Gestaltung – Lebenssinn zu geben und verantwortliches Handeln zu inspirieren.

3. Erziehung im Sinne des Weltethos hängt von strukturellen Bedingungen ab: davon, dass Kinder Liebe, Geborgenheit, Schutz erfahren und dass ihnen Lebens-, Lern- und Entfaltungsmöglichkeiten unter personaler Begleitung geboten werden frei von Ausbeutung in Strukturen der Verarmung und frei von Verwahrlosung in Strukturen des Konsumismus. Die Arbeit an der Verbesserung der strukturellen Bedingungen muss als politische Prioritätsaufgabe begriffen werden, zu der die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ihre Beiträge zu leisten haben.

4. Erzieherische Bemühung im Sinne des Weltethos ist eine differenzierte Werteerziehung, die zu ihrer Realisierung der Menschenrechte als Grundlage ebenso bedarf wie der Kommunikation mit den in der Gesellschaft wirksamen religiös-weltanschaulichen Traditionen.

5. Erzieherische Bemühung im Sinne des Weltethos ist eine Erziehung zu gewaltfreier Konfliktbewältigung. Dazu die Lernziele des Vereins für Friedenspädagogik in Tübingen:

“- Lernen, eine Wertordnung einzuhalten, in welcher der Respekt der Menschenwürde an der ersten Stelle steht.

– Lernen, sich in andere einzufühlen.

– Lernen, Gefühle auszudrücken und im Dialog mit dem Gegenüber zu besprechen.

– Lernen, Konflikte konstruktiv auszutragen und mit Aggressionen gewaltfrei umzugehen.

– Räume schaffen für eigenverantwortliches Handeln.

– Glaubwürdige Vorbilder setzen und sich an solchen orientieren.”

6. Erzieherische Bemühung im Sinne des Weltethos ist eine Erziehung zu umfassender Lebensachtung.

7. Erzieherische Bemühung im Sinne des Weltethos ist eine Erziehung zu Wahrhaftigkeit, Toleranz und gegenseitiger Achtung. Wer Bescheid weiß, wer differenzierte Kenntnisse hat, wer gelernt hat nachzufragen und zu hinterfragen, der kann nicht einfach belogen, übertölpelt werden. Es geht darum, die Heranwachsenden auf ein Zusammenleben vorzubereiten, das nicht von Vorurteilsbarrieren belastet ist, in dem vielmehr ein Hören aufeinander und ein Lernen voneinander möglich wird, das zur Entgrenzung und Bereicherung der Lebenshorizonte auf allen Seiten führt.

8. Erzieherische Bemühung im Sinne des Weltethos ist eine Erziehung zu solidarischem Zusammenleben in Familien, Gemeinden, regionalen und internationalen Horizonten. Gelungene Beispiele praktisch gelebter Solidarität sind im kleinen wie im großen Maßstab im besten Sinne erzieherisch wirksam: Sie beugen der Apathie vor und können einladend-ansteckend wirken. Ihre systematische Dokumentation und Vernetzung kann dem Weltethos-Projekt Füße geben.

9. Erzieherische Bemühung im Sinne des Weltethos bedarf wissenschaftlicher Arbeit – besonders in den Bereichen Konfliktpädagogik, Umwelterziehung, religiöser, interreligiöser und interkultureller Erziehung. Der Verbreiterung und Vertiefung bedarf insbesondere die Richtlinienarbeit und Schulbuchforschung.

10. Erzieherische Bemühung im Sinne des Weltethos bedarf der Kooperation, des internationalen Austausches und der gegenseitigen Inspiration durch die Dokumentation und Evaluation bestehender und die Anregung und Entwicklung neuer pädagogischer Projekte.

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PESC-1 Religiöse und interreligiöse Erziehung

Prof. Dr. Johannes Lähnemann

@ johannes.laehnemann’at’ewf.uni-erlangen’punkt’de

Lehrstuhl Evangelische Religionspädagogik der Universität Erlangen-Nürnberg
Regensburger Str. 160
DE-90478 Nürnberg

Telefon: ++49-911-5302-549
 Telefax: ++49-911-5302-502